Razzia an der Stadtgrenze: Die Spur des BVB-Schattenmanns führt nach Hagen

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Von Nikolaus Bettinger

Dortmund/Hagen. 

Im Missbrauchsskandal um einen ehemaligen Spitzenfunktionär von Borussia Dortmund verdichten sich die Hinweise auf das Doppelleben des Beschuldigten. Nachdem Ermittler in der vergangenen Woche die Wohnung des Mannes durchsuchten und Datenträger beschlagnahmten, rückt ein geografisches Detail in den Fokus, das viel über das System des „Schattenmanns“ verrät: Nicht die Dortmunder Justiz führt das Verfahren, sondern die Staatsanwaltschaft Hagen.

Das strategische Dreieck im Süden

Dass die Ermittler aus der Nachbarstadt anrückten, ist ein entscheidendes Indiz. Es deutet darauf hin, dass der Wohnsitz des Beschuldigten zwar im unmittelbaren Einzugsbereich des BVB liegt, aber juristisch jenseits der Stadtgrenze – im Zuständigkeitsbereich des Landgerichts Hagen.

Recherchen legen nahe, dass sich das Leben des Funktionärs in einem engen geografischen Dreieck abspielte, das ihm maximale Kontrolle bei gleichzeitiger Diskretion ermöglichte:

Die Machtzentrale (Brackel): 

Das Jugendleistungszentrum des BVB, wo er über Jahrzehnte als Talentejäger über Karrieren entschied.

Der „Hofstaat“ (Aplerbeck): 

Der Dortmunder Stadtteil Aplerbeck, bekannt für das kroatische Stammlokal, in dem der Funktionär mutmaßlich Treffen anbahnte und Kontakte pflegte.

Der Rückzugsort (Hagen/Schwerte): 

Der Wohnsitz, der nur wenige Kilometer entfernt liegt – etwa in der an Aplerbeck grenzenden Gemeinde Schwerte –, aber juristisch bereits zum Bezirk Hagen zählt.

Verwirrung um das Alter

Während Boulevardmedien wie die „Bild“ aktuell von einem „87-jährigen“ Beschuldigten schreiben, werfen Archivdaten Fragen auf. Der Funktionär, der als Schlüsselfigur des Skandals gilt und den Verein 2023 verlassen musste, ist laut offiziellen Registerdaten Jahrgang 1948 und wäre damit heute 77 Jahre alt. Ob es sich bei der Zahl „87“ um einen Zahlendreher in den ersten Polizeimeldungen handelt oder um eine bewusste Nebelkerze, ist unklar. Fest steht: Das Täterprofil – Amtsantritt 1974, Tätigkeit bis 2023, Position im Nachwuchsbereich – ist so spezifisch, dass Verwechslungen kaum möglich sind.

Digitale Spurensuche

Der Zugriff der Behörden aus Hagen zielte primär auf die Sicherung digitaler Beweismittel. Beschlagnahmt wurden Computer und Speichermedien. Die Forensiker stehen nun vor der Aufgabe, in den Datenbergen nach Hinweisen zu suchen, die bis in die 80er- und 90er-Jahre zurückreichen könnten.

Der BVB kooperiert vollumfänglich mit den Behörden. Der Verein hatte sich 2023 von dem langjährigen Mitarbeiter getrennt, nachdem sich interne Hinweise verdichtet hatten – ein Vorgang, der damals öffentlich kaum beachtet wurde, nun aber in einem grellen Licht erscheint. 

Für den Beschuldigten gilt die Unschuldsvermutung.

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